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„Vom Prager Fenstersturz zum Westfälischen Frieden“

Das Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges

Sonderausstellung

Wilhelm hatte Angst und wollte sich noch am Fenstersims festklammern, aber man schlug ihm mit dem Knauf eines Dolches auf die Hand, sodass er sich nicht mehr halten konnte und tief in den Burggraben stürzte.

Bewaffnete böhmische Adlige stürmten am 23. Mai 1618 die Kanzlei in der Prager Burg und warfen am Ende einer hitzigen Diskussion die kaiserlichen Stellvertreter Wilhelm Slavata und
Jaroslaw von Martinic sowie den Kanzleisekretär Philipp Fabricius aus dem Fenster. Die drei haben den Sturz zwar überlebt, aber dieses Ereignis ist als Prager Fenstersturz in die Geschichte eingegangen und markiert den Beginn des 30-jährigen Krieges. Der Angriff auf die kaiserlichen Stellvertreter galt als symbolischer Angriff auf den Kaiser selbst und kam einer Kriegserklärung
gleich. Vorangegangen war der Streit um einen Majestätsbrief von 1609, in dem Kaiser  Rudolf II. den böhmischen Ständen Religionsfreiheit zugesichert hatte, dieses aber im Jahre 1612 von seinem ab da regierenden Bruder Matthias wieder rückgängig zu machen versucht wurde und die Ausübung der evangelischen Religion zu verbieten.

Ein durch die böhmischen Stände gebildetes Direktorium arbeitete eine neue Verfassung aus, organisierte die
Wahl eines neuen Königs sowie die militärische Verteidigung gegen den Kaiser.
Sie konnten Friedrich V. von der Pfalz dafür gewinnen. Nach anfänglichen Erfolgen geriet die protestantische Union zunehmend in die Defensive und wurde am 8. November 1620 bei Prag in der Schlacht am Weißen Berg schwer geschlagen. Friedrich, der den spöttischen Beinamen „Winterkönig“ erhielt, musste fliehen und suchte vergeblich in Norddeutschland Verbündete.

Was als Glaubenskrieg zwischen der Protestantischen Union und der Katholischen Liga begann, wurde doch recht schnell zum Kampf um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich zwischen dem Habsburger Kaiser und mehreren Landesfürsten im Inneren und zwischen dem Reich und europäischen Widersachern wie Frankreich, Dänemark und Schweden im Äußeren.

Der unter dem Namen 30-jähriger Krieg geführte Konflikt wurde größtenteils auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation geführt. Seine Brutalität, die lange Dauer, das unsägliche Leid der Zivilbevölkerung und die mit dem Krieg einhergehenden Hungersnöte und Seuchen stellten alles bis zu diesem Zeitpunkt Dagewesene in
den Schatten und entvölkerte manche Landstriche zu über 66 %.
Im Dreißigjährigen Krieg wurden erstmals enorm große Söldnertruppen aufgestellt, die unmöglich vom Kaiser oder
den deutschen Fürsten bezahlt und verwaltet werden konnten. Daher setzte sich während des Konfliktes die bis heute bekannte Redewendung "Der Krieg ernährt den Krieg" durch, welche beschreibt, dass sich die großen Söldnertruppen einfach dort bedienten, wo sie gerade zu Gast waren. Die dadurch entstehende enorme Belastung der Zivilbevölkerung zwang viele Menschen dazu, sich nun selbst den Söldnertruppen anzuschließen und in den Kampf zu ziehen.

Der 30-jährige Krieg brachte einige berühmte Persönlichkeiten hervor. Hierbei sollen nur ein paar herausragende Köpfe genannt werden wie Albrecht von Wallenstein, Gustav II. Adolf von Schweden, Johann T`Serclaes von Tilly, Christian IV. von Dänemark oder Ferdinand II. als Römisch-Deutscher Kaiser.

Durch Flugblätter und Flugschriften fanden die Ereignisse im 30-jährigen Krieg eine rasche und weite Verbreitung. Erfolge und Gräueltaten konnten manipulativ oder zielgerichtet eingesetzt werden und konnten so schnell breiten
Bevölkerungsschichten dargebracht werden. Der 30-jährige Krieg kann so als der erste geführte „Propagandakrieg“ angesehen werden.
Dreißig lange Jahre und fünf Monate wütete der Krieg, der so entsetzliches Leid über das Reich und Europa brachte wie noch kein Konflikt zuvor. Nun endlich im einunddreißigsten Kriegsjahr waren alle Parteien bereit, die schon
seit Jahren geführten Friedensverhandlungen von Osnabrück und Münster zu Ende zu bringen. Das heute unter dem Namen „Westfälischer Friede“ bekannte Ereignis bezeichnet alle zwischen dem 15. Mai und dem 24. Oktober abgeschlossenen Friedensverträge und somit das Ende des Dreißigjährigen Krieges.
Obwohl der Westfälische Friede einen Kompromiss zwischen den Kriegsparteien darstellte, war er vor allem für den Kaiser und die Habsburger Macht eine Niederlage. Die Fürsten konnten ihre Souveränität verfestigen und ausbauen, der Kaiser hatte fortan kaum noch Macht über sie. Es wurde ihnen zukünftig sogar gestattet, Bündnisse mit auswärtigen Parteien zu schließen. Die Einschränkung, dass diese nicht gegen den Kaiser und das Reich selbst gerichtet werden dürfen, sollte sich in der späteren Geschichte als gegenstandslos erweisen.

Mit unserer Ausstellung über den 30-jährigen Krieg können wir natürlich nicht alle Aspekte zeigen, geschweige denn die Gräuel dieser europäischen Katastrophe auch nur annähernd wiedergeben.
In 10 Vitrinen und 3 separaten Aufstellungen zeigen wir Einzelfiguren, kleine Szenen und Dioramen als einen Auszug aus der Geschichte im Miniaturformat. Hier finden sich neben plündernden Soldaten, die die Zivilbevölkerung heimsuchten, zechende und feiernde Offiziere, die Anwerbung neuer Rekruten, eine Schlittschuhpartie auf dem Eis, Szenen aus dem Alltags- und Lagerleben, Bilder aus Kunst und Wissenschaft und zur lokalen Geschichte Goslars.

Leihgeber:
Gerd Wiemers, Thomas Schmidt, Roland Simon, Claus Fischer, Thomas Beier, Paul-Gerhard Herrler, Kai Pohl, Henning Voß, Erdmann Hesse, Zinnfiguren-Museum Goslar


Ein Katalog kann für 3 Euro im Museum erworben werden.